Sonntag, 18. Dezember 2011

Bestseller mit Ansage - Teil 2

(Foto: Kathrin Möbius)

Am 13. Oktober veröffentlichte ich einen Post mit dem Titel Bestseller mit Ansage, in dem ich davon berichtete, wie das moderne Verlagswesen funktioniert, mit welchen oft fragwürdigen Methoden Bücher zu Verkaufserfolgen gemacht werden. Scherzhaft schlug ich vor, Ex-Verteidigungsminister Guttenberg solle einen Roman veröffentlichen mit dem Titel Wie ich Opfer einer Hetzjagd wurde und trotzdem immer gut frisiert war. Ich prognostizierte ihm damals fünf Talkshow-Auftritte, zwanzig große Artikel in den Feuilletons und 300.000 verkaufte Exemplare.

Jetzt ist es geschehen! Okay, ich hab nicht ganz richtig gelegen. Das Buch ist am 29. November in Form eines langen Interviews erschienen, heißt Vorerst gescheitert und handelt von einem Mann, der sich unschuldig verfolgt fühlt und in alle Richtungen austeilt. Sein Vater Enoch zu Guttenberg war zu Gast bei Maischberger, Anne Will hat ihm eine volle Sendung gewidmet. Die zwanzig Artikel in den Feuilletons sind sicher schon erreicht. Nach drei Tagen war die Startauflage von 80.000 Exemplaren verkauft, derzeit steht das Buch auf Platz 2 der Spiegel-Bestsellerliste.

Was sagt uns das? Bin ich etwa ein Prophet? Leider nein. Man braucht keine übersinnlichen Fähigkeiten, um so etwas vorherzusagen. Der Kulturbetrieb entwickelt sich stetig nach unten, man muss einfach die Linie weiterdenken. Besonders verwerflich erscheint in diesem Fall, dass Guttenberg nichts Bedeutendes geleistet hat, er keinen Frieden gestiftet, für die Umwelt nichts getan, kein Kunstwerk geschaffen und keine Erfindung gemacht. Schlimmer noch, er ist vor allem für eines bekannt geworden: für einen erschlichenen Doktortitel. Und trotzdem wird ihm in den Medien ungeheuer viel Raum gegeben.

Dennoch sollten wir nicht in Kulturpessimismus verfallen. Sehen wir es doch mal so: Je mehr Guttenbergs, Sarrazins und Roches sich auf dem Buchmarkt tummeln, umso mehr Platz wird sein für die anderen, diejenigen, die sich um Qualität bemühen, die eine echte Aussage haben, die die Dinge zum Besseren verändern wollen. Denn auch danach gibt es ein Bedürfnis, auch dafür gibt es einen Markt - der im Moment allerdings sehr vernachlässigt wird, zumindest von den großen Medien. Irgendwann jedoch ist man der Pomade überdrüssig - siehe Guttenberg.
Also: dranbleiben!



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