Dienstag, 1. Januar 2013

Kurzgeschichte Silvester - Teil 3


31.12.
Am Silvestermorgen kauft Ramona fürsorglich ein wenig für die Party ein. Alles was jetzt nicht mehr in den Kühlschrank passt, kann sie ja auf den Balkon stellen, schließlich ist es um die null Grad kalt. Sie hat eine riesige Torte mit einer schokoladigen Jahreszahl erstanden. Sie balanciert gerade fünf Flaschen Sekt, als das Telefon klingelt.
Leo: Du Ramona, Theo und ich haben gestern entschieden, dass wir nun doch nicht an den Feierlichkeiten teilzunehmen, insbesondere da die Sache mit dem Wetter weiterhin unklar bleibt. Maria kann leider auch nicht kommen.
Ramona: Wer bleibt denn dann noch übrig?
Leo: Vielleicht Du, Isabell und Sebastian?
Ramona: Sebastian hat wieder mal nur halb zugesagt habe. Und ehrlich gesagt habe ich jetzt bald auch keine Lust mehr auf Silvester.

Nach dem Telefonat ruft Ramona Isabell an und informiert sie über den neuesten Stand. Leicht erhitzt fragt sie nach Sebastians Nummer. Ramona ist sauer und will Sebastian absagen. Ramona klagt am Telefon, dass in dieser vermaledeiten Weihnachtszeit nie etwas bei ihr klappte. Erst habe ihr untreuer Freund sich in die Arme seiner ach so lieben Nebenfrau gerettet und nun klappt die Silvesterparty nicht. Jedes Jahr gäbe es unliebsame Überraschungen und immer zwischen Weihnachten und Neujahr. Sie könne schon keinen Zimttee mehr trinken und keine Weihnachtslieder mehr ertragen. Isabell versucht sie zu beschwichtigen und rät ihr, doch noch irgendeine Feier auf die Beine zu stellen und dass Sebastian doch so ein netter Kerl sei, den man keinesfalls einfach so ausladen sollte. Es dauert eine ganze Weile bis Ramona überzeugt ist, doch noch eine Party anzugehen. Isabell ruft noch einmal bei Leo an und versucht ihn zu überreden. Sie weist nochmals darauf hin, dass es nicht so gut sei, wenn Ramona allein Silvester feiern müsste, da sie doch sehr traurig sei, wegen der Sache mit ihrem Freund. Leo verspricht noch mal bei Theo nachzufragen. Isabell zieht sich die Decke über den Kopf und schaltet die Lampe aus.

Sie wacht auf, als ihr zukünftiger Verlobter an der Tür klingelt. Isabell sprüht sich etwas Glitzerspray in die Haare und zieht einen winterlich kurzen Rock an. Dann klingeln sie bei Ramona, mit entspanntem Lächeln öffnet diese die Tür. Sie trägt ein rotes, glitzerndes Abendkleid und hat ihre Haare hochgesteckt. Isabell weicht zunächst erschreckt zurück, da sie mit dem Glitzerspray nun nicht mehr mithalten kann, gewöhnt sich aber dann an den Anblick und zerrt ihren Begleiter eilig hinter ihr her ins Wohnzimmer. Im Hintergrund zirpt feierliche, klassische Musik und der Duft einer Gemüsesuppe zieht durch die Räume. Isabell wird von einer munter löffelnden Runde begrüßt. Leo und Theo sind da und unterhalten sich über Cäsar und Brutus. Zwischen ihnen versperrt ein mächtiger dreiarmiger Kerzenständer die Sicht. Die Flämmchen werden je nach Gesprächspartner mal zu Theo, dann wieder zu Leo hin verbogen. Sebastian freut sich, Isabell zu sehen und fragt sie nach den neuesten Neuigkeiten. Ramona, die schnell noch weitere Gläser und Suppenteller herbei trägt,  weist mit einem verschmitzten Grinsen auf die bevorstehende Verlobung von Isabell hin. Leo verschluckt sich an der Gemüsesuppe.
Nachdem das letzte Würstchen aus der Suppe gefischt wurde, verziehen sich Theo und Leo zum Rauchen auf den Balkon. Ein neues Gesellschaftsspiel wird ausgegraben. Sebastian, Ramona, Isabell und ihr quasi Verlobter vertiefen sich in die Verwirrungen einer undurchsichtigen Spielanleitung.
Beinahe wird der Jahreswechsel darüber vergessen. Doch eine Nachbarin klingelt noch und kommt mit einer Sektflasche dazu. Theo und Leo liegen in Ramonas Bett und bilden einen separaten Gesprächskreis. Das Thema, das mit großen Gelächtersalven quittiert wird, ist diesmal ein Buch aus Ramonas Schrank, mit dem Titel „Wie schreibe ich eine erfolgreiche Kurzgeschichte?“ Nachdem die letzte herrliche Rakete im verrauchten Abendhimmel erlischt, will Isabell nach Hause und ins Bett. Eine halbe Stunde später brechen Theo und Leo auf, um die Bahn nach Heidelberg zu erreichen. Sebastian und Ramona philosophieren über das vergangene Jahr. Irgendwann später legt sich Sebastian auf die Behelfsmatratze und schläft selig ein.

01.01.
Am Neujahrsmorgen ruft Ramona Isabell an. Sebastian sei schon auf dem Weg, aber sie habe schon wieder ein neues Problem, bei dem sie dringend Isabells Rat brauche: Leo habe sie zu einem Heringessen eingeladen und sie habe nun eigentlich keine Lust mehr dazu. Sie frage sich nun also, ob sie ihm jetzt noch absagen könne?








Ende.

Text: Anette Butzmann
Mehr von der Autorin z.B. unter Eisblutgeschichten.


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